Top 10 – größtes Volumen

3.403.767.529 €Dialysestatus, Apherese
2.905.345.049 €Diabetische Ketoazidose, Koma oder multiple Komplikationen bei D.m. Typ 1 bzw.
bei sonstigem Diabetes mellitus mit Insulin-Dauermedikation
2.586.484.170 €Wahn, Demenz bei anderen Erkrankungen, spezifische Zwangsstörungen, sonstige
manische und bipolare affektive Störungen, schwere Depression ohne Rezidiv,
rezidivierende depressive Störung (< 55 Jahre)
2.480.065.012 €COPD oder Emphysem mit Dauermedikation, Bronchiektasen, sonstige interstitielle
Lungenkrankheiten ohne Dauermedikation, akutes schweres Asthma (> 17 Jahre)
2.045.250.734 €Lungenmetastasen sowie Metastasen der Verdauungsorgane (> 74 Jahre) und
sonstiger Lokalisation
1.960.480.679 €Sonstiger Diabetes mellitus ohne Komplikationen, Lipodystrophie od. Lipomatose,
a.o. nicht klassifiziert
1.912.519.681 €Bösartige Neubildungen: Therapie mit monoklonalen Antikörpern
1.883.192.274 €Lungenmetastasen und Metastasen der Verdauungsorgane (< 75 Jahre) /
Tumorlyse-Syndrom
1.818.191.989 €Multiple Sklerose mit Dauermedikation
1.801.104.553 €Chronischer Schmerz mit Dauermedikation I
Quelle: BAS 2023, Festlegung zum Klassifikationsmodell 2024

Kurz erklärt

Die Morbi-RSA-Risikogruppen, über die das größte Zuweisungsvolumen in der GKV verteilt wird, zählen nicht zu den allerteuersten. Konkret findet sich hier eine Mischung aus relativ teuren Risikogruppen, die nicht ganz so häufig sind – und günstigen Risikogruppen, die aber sehr häufig sind.

In der erstgenannten Gruppe befinden sich beispielsweise Dialysestatus oder auch die Therapie mit sogenannten monoklonalen Antikörpern bei bösartigen Neubildungen. In der zweitgenannten Gruppe sind zum Beispiel Diabetes ohne Komplikationen oder auch COPD (Chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen; in der entsprechenden Risiko­gruppe im Verbund mit weiteren Erkrankungen vermischt) vertreten. Bei diesen sogenannten Volkserkrankungen ist das Präventionspotenzial oft hoch. Die überwiegenden Ursachen (im Falle der COPD das Rauchen¹ und im Falle der Typ-2-Diabetes zumindest zum Teil das Übergewicht und der Bewegungsmangel²) sind durch Verhaltens­änderungen beeinflussbar. Zuweisungen im Morbi-RSA gingen dann (bei weniger Erkrankungen) zwar auch verloren, die entsprechenden Ausgaben wären aber auch geringer. Teilweise sind die genauen Ursachen der hier aufgeführten Risikogruppen aber auch noch unklar: So bei Multipler Sklerose, bei der es derzeit weiterhin verschiedene Forschungsansätze gibt.

Top 10 – größter Zuschlag

203.877 €Mukopolysaccharidose Typ II, Hypophosphatasie mit ERT
175.057 €Morbus Pompe, Mukopolysaccharidose Typ IV oder Typ VI mit ERT
133.718 €Hämophilie oder Willebrand-Jürgens-Syndrom mit Dauermedikation
131.016 €Morbus Gaucher mit ERT/SRT, Morbus Niemann Pick mit SRT,
Mukopolysaccharidose Typ I mit ERT
126.079 €X-chromosomale Hypophosphatämie
125.353 €Hereditäre spinale Muskelatrophie
123.307 €Morbus Fabry mit ERT
122.124 €PNH oder TMA oder aHUS jeweils mit Dauermedikation /
Defekte im Komplementsystem mit Bedarfsmedikation
120.529 €Mukoviszidose (> 11 Jahre) mit Kausaltherapie
82.773 €Bösartige Neubildungen: Therapie mit Thalidomid, Lenalidomid, Pomalidomid
Quelle: BAS 2023, Festlegung zum Klassifikationsmodell 2024

Kurz erklärt

Unter den teuersten Morbi-RSA-Ausgleichsgruppen sind mittlerweile fast nur noch genetisch bedingte, oft seltene Erkrankungen, deren sehr hohe Zuschlagsgelder durch vor allem arzneimittelbedingt hohe Behandlungskosten zu Stande kommen. Die meisten der hier aufgeführten genetischen Erkrankungen sind verschiedenste Erkrankungen des Stoffwechsels, die eine Minder- bzw. Nichtproduktion notwendiger Enzyme beinhalten. Dies führt zum Beispiel dazu, dass Stoffe sich ungewollt anlagern (wie komplexe Zuckermoleküle im Fall der Mukopolysaccharidose ) – mit entsprechenden schweren Folgen für den Organismus. In den letzten Jahren sind immer mehr und sehr teure spezifische Arzneimittel auf den Markt gekommen, die eine Behandlung an der mittelbaren Ursache der auftretenden Gesundheitsprobleme ermöglichen – und nicht nur ein Behandeln der Symptome. Dazu zählen ERT (Enzymersatzpräparate) und SRT (Substrat- / Ablagerungs-Reduktionspräparate). Auch andere, nicht stoffwechsel­bezogene Erbkrankheiten finden sich in der Liste der teuersten Risikogruppen des Morbi RSA: So die Hämophilie (Bluterkrankheit, bei der genetisch bedingt Gerinnungsfaktoren fehlen), der medikamentös entgegengewirkt wird.

Die Zuschläge bzw. durchschnittlichen Behandlungsfolgekosten der hier aufgeführten Gruppen sind sogar meist noch deutlich höher als es die abgebildeten Eurowerte vermuten lassen – dies liegt am 2021 im Morbi-RSA eingeführten Hochrisikopool, der dafür sorgt, dass die Krankenkassen 80 Prozent der über einem Schwellenwert von anfangs 100.000 € liegenden Ausgaben direkt erstattet bekommen. Die im Durchschnitt noch verbleibenden (Folge-)Ausgaben von Erkrankungen werden über den Zuschlag der Risikogruppe(n) ausgeglichen. Die Krankenkasse bleibt demnach in der Regel nicht auf hohen Behandlungskosten sitzen.

Megatrend Präzisionsmedizin

Die teuren Hochkostengruppen spiegeln einen allgemeinen Trend im Gesundheitswesen – nämlich zu einer immer präziseren, aber auch kostenintensiveren Medikation, was die Versorgung der Erkrankten deutlich verbessert. Der Morbi-RSA berücksichtigt daher auch immer mehr solche Spezifika, indem Gruppen genauer ausdifferenziert und neue Arzneimitteltherapien hinzugenommen werden. Mittlerweile sind Anregungen aus der GKV zu neu zu berücksichtigenden Arzneimitteln fester Bestandteil der sogenannten Stellungnahmen, die beim BAS im Vorfeld der Festlegungen des Zuweisungsmodells für das kommende Jahr eingehen.

¹ Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt: https://www.lungeninformationsdienst.de/krankheiten/copd/risikofaktoren
² Deutsches Zentrum für Diabetesforschung